Ein Urteil des Amtsgerichtes Pasewalk wird zurzeit sehr kontrovers diskutiert.
Das Amtsgericht hatte einen Journalisten wegen der Bezeichnung „Rabauken Jäger“ zu einer Geldstrafe von 1000 € verurteilt. Hintergrund war die Berichterstattung über einen Jäger, der ein totes Reh an der Anhängerkupplung hinter sich her zog. (Link )
Jäger will kein Rabauke sein
Der gegen das Jagdrecht verstoßende Jäger sah in der Bezeichnung „Rabauken Jäger“ eine Beleidigung und erstattete Anzeige. Dieses wurde im Ergebnis vor dem Amtsgericht Pasewalk bestätigt und der Journalist zu einer Geldstrafe von 1000 € verurteilt.
Urteil wird kritisch betrachtet
Das Urteil wird aus unserer Sicht zu Recht, in den Medien kritisch betrachtet. Hintergrund dessen ist, dass es bei der Berichterstattung immer eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person und auch dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gibt. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist verfassungsrechtlich in der Meinungsfreiheit, Art. 5 des Grundgesetzes geschützt. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht stellt diese verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit den Grundpfeiler der Demokratie dar.
Grundpfeiler der Demokratie
Eine Schranke der Berichterstattung ist nur dort gegeben, wo die Persönlichkeitsrechte einer Person verletzt werden. Ein Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt unter anderem dann vor, wenn eine Beleidigung gegeben ist.
Hier stellt sich aus unserer Sicht zu Recht die Frage, ob in der Bezeichnung „Rabauken Jäger“ bereits eine Beleidigung zu sehen ist.
Gerichte schützen Meinungsfreiheit
Tritt der Einzelne durch sein Verhalten in die Belange der Gemeinschaft, dann ergibt sich aufgrund des Bezugs nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Einschränkung des Bestimmungsrechts desjenigen, über den berichtet wird. (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 Lebach; 97, 391, 406, 1 BvR 755/ und 759/99); und ja, ein totes Reh hinter sich im Auto herzuschleifen rechtfertigt eine Berichterstattung.
Die Gerichte räumen der Meinungsfreiheit einen hohen Rang ein. Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Beschluss vom 17. September 2012 entschieden, dass selbst die Betitelung „rechtsradikal“ grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. (Bundesverfassungsgericlıt, Pressemitteilung Nr. 77/2012 vom 13. November 2012, Beschluss vom 17. September 2012, 1 BvR 2979/10) Mit Urteil vom 1.12.1993 hat das Oberlandesgericht Köln, II. Zivilsenat, 11 U 98/93 den Unterlassungsanspruch bezüglich Äußerungen „Chaot“ und „kriminelle Geschäftsmethoden“ verneint, sprich für die Meinungsfreiheit entschieden.
Keine Schmähkritik
Bei Werturteilen macht angesichts des von der Verfassung gewährleisteten Rechts der freien Meinungsäußerung der Gebrauch auch starker, überspitzter oder gar polemisierender Ausdrücke die Äußerung für sich allein nicht unzulässig; die Schwelle, ob eine Äußerung rechtswidrig und deshalb zu verbieten ist, ist vielmehr erst bei einer diffamierenden Schmähkritik überschritten.
Bei einer Schmähkritik handelt es sich um eine Äußerung, durch welche eine Person verächtlich gemacht werden soll und bei der es nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache geht. Allerdings stellt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen der besonderen Bedeutung der Meinungsfreiheit in einer Demokratie an die Einstufung einer Äußerung als Schmähkritik hohe Anforderungen. Hier sehen wir die Grenze zur Schmähkritik in der Überschrift Rabauken Jäger keinesfalls überschritten.
Berechtigte Kritik
Die Kritik der Medien erfolgt daher aus unserer Sicht zurecht und wir hoffen, dass in einer etwaigen zweiten Instanz das Urteil wieder zu Gunsten der Meinungs- und Pressefreiheit aufgehoben wird.