Abgrenzung Meinungsfreiheit und Beleidigung

Die Frage, ob eine Äußerung noch unter die Meinungsfreiheit fällt oder eine Beleidigung ist, wirft juristisch immer wieder Schwierigkeiten auf. Das Bundesverfassungsgericht setzt sich in einer aktuellen Rechtsprechung mit der Meinungsfreiheit unter Beleidigung auseinander. Bei der Abgrenzung kommt es insbesondere auf die Umstände des Einzelfalls an. Wir zeigen Ihnen, welche Kriterien bei der Abgrenzung von Meinungsfreiheit und Beleidigung eine Rolle spielen.

Bundesverfassungsgericht Meinungsfreiheit und Beleidigung

Es handelt sich bei der Entscheidung, ob eine Äußerung noch unter die Meinungsfreiheit fällt oder unter Umständen eine Beleidigung darstellt stets um eine Einzelfallbetrachtung.  Die hat Bundesverfassung n seiner Entscheidung 1 BvR 2397/19 vom 19.05.2020 betont und seiner Entscheidung die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung definiert.

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetzte. Dazu gehört auch der Straftatbestand der Beleidigung. Ob etwas eine Beleidigung oder eine freie Meinungsäußerung ist, wird normalerweise im Wege der Abwägung ermittelt.

Eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung ist dann nicht erforderlich, wenn die Äußerung die Menschenwürde herabsetzt, eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung ist.

Schmähung

Eine Schmähung liegt dann vor, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Eine Schmähung stellt keine freie Meinungsäußerung mehr dar. Das Recht auf freie Meinung schützt nicht nur sachlich differenzierte Meinung, sondern gerade auch Kritik, die grundlos pointiert, polemisch und überspitzt geäußert wird. Im Umkehrschluss benötigen selbst überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Äußerungen, die die Ehre erheblich herabsetzen eine Abwägung der Grundrechte.

Eine Schmähung im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht.

Beispielhaft erwähnt dabei das Gericht die sogenannte Privatfehde und im besonderen die von der Privatfehde losgelöste Schmähung im scheinbaren Schutze des Internets. Es stellt klar, dass Schmähungen Kränkungen ohne nachvollziehbaren Bezug zu einer Sachkritik aus verwerflichen Motiven wie Hass- oder Wutgefühlen sind.

Zusammengefasst kann man sagen, dass sobald die Äußerung, mag sie noch so verwerflich sein, anlassbezogen ist, stellt sie keine Schmähung dar.

Formalbeleidigung

Formalbeleidigungen sind sind besonders krasse aus sich herausherabwürdigende Schimpfwörter. Im Gegensatz zur Schmähung ist die Formalbeleidiung kontextunabhängig.

Auch eine Formalbeleidigung stellt keine Form der Meinungsfreiheit dar, sondern ist eine Beleidigung. Kriterium der Strafbarkeit ist die Herabsetzung einer Person durch die Verwendung gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeiten.

Äußerungen, die die Menschenwürde herabsetzen

Die Menschenwürde als oberste Maxime der Grundrechte ist nicht abwägungsfähig. Sobald eine Äußerung die Menschenwürde verletzt muss die Meinungsfreiheit daher zurücktreten.

Doch nicht jede Beleidigung stellt gleich eine Herabsetzung der Menschenwürde dar. Das Bundesverfassungsgericht setzt strenge Maßstäbe.

Eine Menschenwürdenverletzung liegt dann vor, wenn die Beleidigung sich konkret gegen eine einzelne Person richtet und sie den Kern der Persönlichkeit angreift und damit ihre menschliche Würde abspricht.

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Meinungsfreiheit tritt zurück

Sollte eine Äußerung in eine dieser drei Kategorien fallen, entfällt die Abwägung der Grundrechte und die Meinungsfreiheit muss zurücktreten.

Die Einordnung in diese Kategorien bedarf einer dem konkreten Umständen des Falles bezogenen, gehaltvollen und verfassungsrechtlichen tragfähige Begründung. Fällt diese Begründung durch Gerichte in nicht hinreichender Güte aus, führt dies zur Aufhebung der Entscheidung.

Eine (hilfsweise) Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz des Persönlichkeitsrecht nach den konkreten Umständen bietet sich daher an.

Abwägung Beleidigung Meinungsfreiheit

Wenn eine Äußerung keine Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde darstellt, kann diese gleichwohl eine Beleidigung sein. Es folgt bei jeder Äußerung auch eine Abwägung zwischen der Beleidigung und der Meinungsfreiheit.

Dabei haben eine Vielzahl von Kriterien Einfluss auf die Abwägung der Grundrechte.

Kriterien der Abwägung

Das Bundesverfassungsgericht listete folgende Kriterien der Beurteilung auf:

• Entscheidend sind unter anderem Inhalt, Form, Anlass und Wirkung, sowie Person und Anzahl der Äußernden, der Betroffenen und der Hörerschaft gehören;

• aber auch, ob ein konkreter ehrschmälernder Gehalt vorliegt.

• Inwieweit die Äußerung grundlegende, allen Menschen gleichermaßen zukommende Achtungsansprüche betrifft oder ob sie eher das jeweils unterschiedliche soziale Ansehen des Betroffenen schmälert;

• ob eine abschätzige Äußerung die Person als ganzes oder nur ihre Tätigkeiten und Verhaltensweisen betrifft;

• ob durch de strafrechtliche Sanktion die Freiheit berührt wird, bestimmte Inhalte und Wertungen überhaupt zum Ausdruck zu bringen, ob und wieweit also alternative Äußerungsmöglichkeiten desselben oder ähnlichen Inhalts verbleiben.

Meinungsfreiheit vor Beleidigung

Nach Ansicht der Robenträger aus Karlsruhe soll der Straftatbestand der Beleidigung nicht dazu führen, Anstands- und Ehrvorstellungen eines Teils der Gesellschaft allen übrigen Mitgliedern aufzuzwingen; in diesem Sinn kann auch eine gegebenfalls beschränkte Ausdrucksfähigkeit und sonstige soziale Bedingtheit des jeweiligen Sprechers in Rechnung zu stellen sein

Die Gewichtung der Meinungsfreiheit ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf abzielt einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und umso geringer je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierte Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht

Dabei muss nicht jedes Kriterium vollumfängliche Ausarbeitung erfahren. Eine dem konkreten Fall angepasste Abwägung ist ausreichend.

Rechtsanwalt Hoesmann

Die Meinungsfreiheit ist eines der wichtigsten Grundrechte in Deutschland. Jedoch gilt die Meinungsfreiheit nicht schrankenlos. Vielmehr sind auch immer die Belange Dritter mit zu berücksichtigen. Gerade bei der Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung kommt es auch darauf an, die Gefühle der von der Äußerung betroffenen Person nicht außer Acht zu lassen.

Pauschale Betrachtungsweisen verbieten sich hier regelmäßig, sondern es kommt immer auf die Grundsätze des Einzelfalls an. Hier spielen alle Umstände eine Rolle, welche für den Fall wichtig sind. Insbesondere spielt auch die juristische Einordnung der Äußerungen eine wichtige Rolle.

Als eine auf das Medienrecht spezialisierte Kanzlei können wir Ihnen gerne weiterhelfen, wenn Sie Fragen zur Meinungsfreiheit und Beleidigung.

Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Florian Taubitz.

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