Böhmermann und das Schmähgedicht über Erdogan

DSC_3972Seit mehreren Tagen wird eine kontroverse Diskussion über das „Schmähgedicht“ von Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Erdogan geführt. Es geht um die Frage, ob die deutliche Kritik des deutschen Satirikers noch von der Meinungsfreiheit und Satire umfasst ist oder schon die Grenze zur Schmähkritik erreicht hat.

Rechtsanwalt Hoesmann von der Berliner Medienrechtskanzlei Hoesmann wurde unter anderem sogar vom russischen Staatsfernsehen als Rechtsexperte zu dem Thema interviewt.

Abgrenzung

Die Antwort, ob das Böhmermann Gedicht juristisch „böse“ ist, ist leider nicht mit einem Satz beantworten. Um diese Problematik bzw. die Grenze genauer aufzeigen zu können, ist zunächst ein kurzer Überblick über die Schmähkritik in Abgrenzung der Meinungsfreiheit notwendig.

Schmähkritik

Der Begriff der Schmähkritik ist sehr eng definiert. Hierfür reicht nicht notwendigerweise eine überzogene oder gar ausfällige Kritik. Vielmehr liegt eine Schmähkritik bei einer herabsetzenden Äußerung vor, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Meinungsfreiheit

Davon abzugrenzen ist die Meinungsfreiheit, die jedermann das Recht gewährt, sich frei zu äußern. Dazu gehört auch die Satire als Kunstgattung die durch Übertreibung, Ironie und beißenden Spott an Personen Kritik übt.

Bewertung im Falle Böhmermann

tv_hoesmannBei dem Gedicht, welches Jan Böhmermann in seiner Sendung verlesen hat, ist insbesondere die Gesamtbetrachtung der Situation entscheidend. So wurde sowohl während als auch nach dem Verlesen des Gedichts mehrfach darauf hingewiesen, dass ein solches Gedicht gerade wegen des schmähenden und beleidigenden Charakters nicht statthaft sei.

Es sollte gerade nicht beim Nennwert genommen werden. Böhmermann stellt sich klar als Satiriker dar und verletzt in dieser Rolle Erdogan nicht bewusst, um ihn verächtlich zu machen, sondern stellt auf eine Auseinandersetzung in der Sache ab.

Das Bundesverfassungsgerichts stützt die Meinungsfreiheit:

„Eine herabsetzende Äußerung nimmt erst dann den Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.“

Daher verstößt das Gedicht von Böhmermann auch nicht gegen die grundgesetzkich geschützte Meinungsfreiheit.

Strafrechtliche Konsequenz

Der Fall hat neben der medienrechtliche auch noch eine strafrechtliche Komponente. Hintergrund ist ein möglicher Verstoß Paragraf 103 des Strafgesetzbuches, in dem es um Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten geht. Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden.

Ein Strafverfahren in diesem Zusammenhang werde allerdings erst eingeleitet, wenn ein offizielles Strafverlangen seitens der türkischen Regierung vorliegt. Dieser Antrag ist über den türkischen Botschafter in Berlin zu stellen.

Rolle der Regierung

DSC_3976Von türkischen Medien ist zu hören, dass ein direktes Einschreiten der deutschen Regierung gefordert wird.

Ein solches direktes Einschreiten der Regierung gegen einen Fernsehsender ist in Deutschland aber gar nicht erlaubt, da hier eine strikte Gewaltenteilung gilt.

Die Regierung und auch Kanzlerin Merkel haben gar nicht die rechtlichen Möglichkeiten, direkt auf den Sender Einfluss zu nehmen. So garantiert die Presse- und Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes die Unabhängigkeit der Medien.

Erst wenn ein offizielles Strafverlangen seitens der türkischen Regierung vorliegt, muss die deutsche Regierung handeln und einen Strafantrag stellen. Danach wird von der Bundesregierung geprüft, ob ein Strafverfahren wegen des Gedichtes durchgeführt wird oder nicht und der Fall der Justiz übergeben wird. Eine direkte Einflussnahme der deutschen Regierung auf den Ausgang des Strafverfahrens ist aufgrund der Gewaltenteilung in Deutschland nicht möglich.

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