Wird eine Klage zurückgenommen, ist das Verfahren beendet und der Kläger hat die Kosten tragen. Der Beklagte muss der Klagerücknahme zustimmen, wenn diese nach der mündlichen Verhandlung erklärt wird. Bis zur Verhandlung kann der Kläger die Klage ohne Zustimmung des Beklagten zurücknehmen.
Für den Beklagten klingt es toll, wenn die Klage zurückgenommen wird. Das Verfahren ist beendet, er muss keine Kosten tragen. Daher stimmen viele vorschnell auch nach einer mündlichen Verhandlung der Klagerücknahme zu. Dies kann ein taktischer Fehler sein.
Risiko Rechtskraft
Was häufig übersehen wird, ist, dass mit der Rücknahme des Klage keine Rechtskraft eingetreten ist. Somit kann der Kläger später die identische Klage erneut erheben. Sprich der Beklagte läuft Gefahr, dass er wegen derselben Angelegenheit noch einmal verklagt wird.
Taktisches Mittel Klagerücknahme
Aus Klägersicht ist eine Klagerücknahme ein taktisches Mittel, um nicht nur Zeit, sondern möglicherweise auch weitere Argumente zu gewinnen.
Fristen des Gerichts sind häufig eng und können ein Problem darstellen. Wird die Klage zurückgenommen, gewinnt der Kläger Zeit. Er muss dann nicht mehr die engen gerichtlichen Fristen, sondern nur noch die Verjährungsfristen im Auge behalten.
Einen weiteren Vorteil hat die Klagerücknahme schlicht aus dem Grund, dass man weiß, was der Beklagte sagt. Im Vorfeld einer Klage ist häufig unklar, wie sich der Beklagte verteidigen wird. Gerade bei komplexen Sachverhalten und Fällen kommt es auch auf Verteidigungsstrategie des Beklagten an. Diese offenbart sich erst im Rahmen seiner Verteidigung. Als Kläger weiß ich nach den Verteidigungsschriften, wie der Beklagte vorgeht. Nehme ich die Klage zurück, dann kann ich in Kenntnis der Argumentation mit der neuen Klage unter Umständen, mich in eine bessere Position argumentieren. Mit der neuen Argumentation bestehen bessere Aussicht auf Erfolg bei der zweiten Klage.
Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung
Wird eine Klage nach der mündlichen Verhandlung zurückgenommen muss der Beklagte der Klagerücknahme zustimmen. Hier beobachte ich leider immer wieder, dass Beklagte vorschnell einer Klagerücknahme zugestimmt haben.
Pro Tipp: der Klagerücknahme nur dann zustimmen, wenn der Kläger zugleich den Klageverzicht erklärt
Wird ohne weitere Erklärung der Klagerücknahme zugestimmt, hat der Kläger auch nach der mündlichen Verhandlung regelmäßig wieder die Möglichkeit, erneut Klage zu erheben. Daher sollte der Beklagte unbedingt seine Zustimmung zur Klagerücknahme von der Erklärung abhängig machen, das zugleich der Klageverzicht durch den Kläger erklärt wird. So wie nämlich verhindert, dass die Klage erneut erhoben wird und der taktische Vorteil der Klagerücknahme wir aufgehoben.
Verweigerung der Zustimmung
Auch der Beklagte kann seine Zustimmung zur Klagerücknahme als taktisch Instrument einsetzen.
Wenn er die Zustimmung verweigert, wird das Gericht den Rechtsstreit entscheiden und ein Urteil fällen. Der Beklagte sollte bewusst abwägen, ob er hier seine Zustimmung verweigern sollte, um ein klageabweisendes Urteil zu bekommen. Dieses klageabweisende Urteil ist dann mit der notwendigen Rechtskraft, sodass verhindert wird, dass das Verfahren erneut geführt wird.
Rechtsanwalt Hoesmann
Die Klagerücknahme ist ein im Zivilrecht selten angewendetes taktisches Instrument. Es bietet gerade dem klägerischen Anwalt eine weitere Gestaltungsmöglichkeit, wie der Rechtsstreit geführt werden kann. Denn nicht immer ist ein Urteil das letztendliche Ziel eines Streites. Die Klagerücknahme ist mit Risiken und Kosten verbunden und sollte daher nur nach ausführlicher anwaltlicher Beratung eingesetzt werden.