Influencerin muss Werbung für andere Unternehmen auf Instagram kenntlich machen

Wenn eine beruflich tätige Influencerin auf ihrem Instagram-Business-Account ein eigenes Foto veröffentlicht, auf dem Tap Tags zum Instagram-Auftritt eines dritten Unternehmens führen, dann handelt sie auch dann geschäftlich, wenn sie hierfür keine Geldzahlung des dritten Unternehmens erhält. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.09.2020 – 6 U 38/19)

Sachverhalt und Vorbringen der Parteien

In der Sache stritten zwei Parteien um die Einordnung sog. Tap Tags, welche die Beklagte in drei Bildern auf ihrem Instagram-Account einbettete. Die Posts wurden von der Beklagten nicht mit Werbung gekennzeichnet.

Der Kläger sah darin unzulässig getarnte Werbung nach § 5a VI UWG sowie einen Verstoß gegen § 6 I Nr. 1 TMG, was das Gericht jetzt im Ergebnis bestätigt hat.

Die Beklagte Influencerin trug vor, dass der Kläger nicht klagebefugt sei, da zwischen den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis im engeren Sinne bestehe. Zudem stelle ein Tap Tag keine geschäftliche Handlung dar, da für die Betrachtung der hinterlegten Unternehmensbezeichnungen zusätzlich das Anklicken des Bildes nötig sei und sie deshalb nicht jedem Nutzer angezeigt würden. Als getarnte Werbung seien die angegriffenen Handlungen auch nicht einzustufen, da die hohe Followerzahl der Beklagten den kommerziellen Zweck für jeden Nutzer offensichtlich impliziere.

In der Berufung führte die Beklagte weiter aus, dass sie lediglich dem Informationsinteresse ihrer Follower nachkommen wollte und auch kein Entgelt von Drittunternehmen erhalten habe, daher falle die vorliegende Handlung schon nicht unter den funktionalen Begriff der geschäftlichen Handlung, welcher das vorrangige Ziel der Verbraucherbeeinflussung zum Zwecke der Absatzforderung zum Kern hat. Würde man dennoch die Tap Tags als geschäftliche Handlung ansehen, sei der kommerzielle Zweck für die Betrachter schon aus den Umständen erkennbar, weshalb ein Verstoß gegen § 5a VI UWG ausscheide.

Entscheidungsgründe

Der Kläger als eingetragener Verein ist ein rechtfähiger Verband zu Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Wahrung gewerblicher Interessen seiner Mitglieder, und daher nach § 8 I 1, III Nr. 2 UWG klagebefugt.

Geschäftliche Handlung

Als Influencerin betreibt die Beklagte ein eigenes Gewerbe, da sie ihren Account im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit betreibt, die dauerhaft unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübt wird. Die einzelnen streitgegenständlichen Posts sind darauf gerichtet, die Bekanntheit bzw den Verkehrswert der Beklagten und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern.

Durch wie hier vorliegende Posts mit eingesetzten Tap Tags rückt die Influencerin sich selbst weiter in den Vordergrund und steigert ihre Attraktivität für Werbetreibende. Durch die Tap Tags werden Produkte von Unternehmen hervorgehoben, was unmittelbar zugunsten jener Unternehmen erfolgt. Dies begründet ebenso einen Unternehmensbezug.

Marktbezug

Daneben steht der Begriff des Marktbezugs aus § 2 I Nr. 1 UWG, den die Influencerin mit ihren Tap Tags ebenso erfüllt. Dazu muss sie ein Verhalten aufzeigen, das objektiv mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen zusammenhängt. Vorliegend stellt die Beklagte Werberaum und die Erbringung von Werbedienstleistungen zur Verfügung. Diese Dienstleistungen setzt sie unmittelbar allein an ihre Werbepartner ab. Durch die Gestaltung ihres Accounts und dessen Inhalte schafft die Influencerin eine Interessengemeinschaft, um dieser aufbereitete Werbeinhalte zu zeigen, um so ihr eigenes Unternehmen zu fördern. Die Aufwertung des Images der Influencerin ist gleichbedeutend und zusammenhängend mit einer Steigerung des Werts der von ihr angebotenen Dienstleitungen.

Werberaum zu schaffen, Werbedienstleistungen zu erbringen und eine Gemeinschaft zum Konsum dieser Werbung heranzuziehen hat zum Ziel, potenzielle Geschäftspartner anzulocken, was wiederum im Interesse des Unternehmens der Beklagten liegt. Ob die Beklagte also eine Gegenleistung für das Setzen der tap tags erhalten hat, ist irrelevant, da jedenfalls ihre Attraktivität für potenzielle Geschäftspartner wächst.

Die beklagte Influencerin kann sich auch nicht wie herkömmliche werbefinanzierte Medien behandeln lassen. Bei herkömmlich werbefinanzierten Medien reicht das bloße Interesse an der Erlangung von Anzeige- und Werbeaufträgen gerade nicht für die Annahme eines Marktbezugs aus, da sie darauf ausgewiesen sind, die werbenden Verkehrskreise zur Schaltung von Anzeigen zu bewegen. Weil die Influencerin jedoch wirtschaftlich davon profitiert, dass ihre redaktionellen Inhalte nicht optisch bzw akustisch von der eingebetteten Werbung getrennt sind und sie auch nicht mit anderen Werbeschaltungen konkurrieren muss, muss sie diese Vorteile in rechtlicher Hinsicht gegen sich gelten lassen.

Es ist unerheblich, ob die werbende Information im tap tag schon von vornherein sichtbar ist oder erst durch Anklicken des Bildes wird. Für eine geschäftliche Handlung ist rein maßgebend, dass die Beklagte ihre geposteten Bilder mit den tap tags versieht.

Posts, die Produkte bestimmter Drittunternehmen in qualifizierter Weise hervorheben, stellen geschäftliche Handlungen dar, weshalb das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auf sie anzuwenden ist, wenn und weil solche Posts objektiv auf die Förderung des fremden Absatzes gerichtet sind. In der vorliegenden Sache hat die Influencerin ein eigenes Vergütungsinteresse aus ihren Werbepartnerschaften heraus. Selbst in den Fällen, wo (noch) keine bezahlte Partnerschaft besteht, kann sich ein Werbeüberschuss nach gebotener Gesamtwürdigung aus den übrigen äußeren Umständen ergeben.

Die Beklagte hat durch die Tap Tags eine Möglichkeit für die Nutzer geschaffen, zugunsten der Drittunternehmen ohne Weiteres in die allein von den Drittunternehmen gestaltete Verkaufsumgebung zu gelangen. Allein die Accounts der Drittunternehmen sind der Optik eines Onlineshops nachgebildet.

Dass die Influencerin lediglich den Interessen ihrer Follower nachkommen wollte, ist zu verneinen. Ist objektiv erkennbar, dass die Handlung fremden Absatz fördern sollte, kann das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Produkte dient und sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung auswirkt.

So hat die Influencerin ihr Geschäftsmodell dahingehend gestaltet, als dass sie bereits bestehende Interessen ihrer Nutzer anspricht oder diese erst weckt und den Weg zu ihrer Befriedigung zu eröffnen. Daher kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass die erst durch sie hervorgerufene Neugierde der Nutzer sie zu Nachfragen veranlasst.

Verbot der irreführenden Unterlassung nach § 5a IV UWG

Hiernach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Jugendliche und junge Erwachsene, die zum Adressatenkreis der Influencerin gehören, erkennen regelmäßig die Influencertätigkeit und verkennen daher nicht den verfolgten kommerziellen Zweck der Beklagten, für ihr eigenes Unternehmen tätig zu werden.

Anders verhält es sich jedoch mit dem weiteren kommerziellen Zweck, zugunsten von Drittunternehmen tätig zu werden und den Absatz von deren Produkten zu fördern. Da sich dieser kommerzielle Zweck nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, ist hierbei auf die wettbewerbliche Gefährdungslage abzustellen. Diese rührt aus dem Zusammenspiel von privatem Auftritt und Elementen, die entweder von Drittinteressenten beeinflusst sind und solchen, die es nicht sind. Da die Influencerin diese Gefährdungslage schafft, muss die ihre wirtschaftlichen Beziehungen offenlegen.

Schutzzweck des § 5a VI UWG

Die Bösgläubigkeit der Influencerin kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil ihre Benutzer generell wissen, dass sie kommerziell tätig ist. Nach dem Schutzzweck des § 5a VI UWG muss für jeden Adressaten erkennbar sein, welcher kommerzielle Zweck mit dem jeweiligen Kommunikationsakt verfolgt wird.

Generelle Hinweise auf Werbetätigkeiten reichen nicht aus, vielmehr muss das spezifische Werbeelement also solches im Augenblick der Betrachtung gekennzeichnet sein. Da die Influencerin durch die Tap Tags sich selbst für Drittunternehmen beworben hat, hätte sie diese spezifisch als kommerzielle Handlung kennzeichnen müssen.

Ergebnis

Dadurch, dass die Beklagte es unterlassen hat, ihre kommerziellen Handlungen als solche kenntlich zu machen, sind die vorliegenden Tap Tags also solche geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Info

Das Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 04.11.2020 einen Gesetzesentwurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht veröffentlicht. Darin heißt es unter dem Punkt „Regelung zur Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation“, dass bei einer geschäftlichen Handlung ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens nur dann ein kommerzieller Zweck anzunehmen ist, wenn der Handelnde ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält (§ 5a Absatz 4 UWG). Klarstellend würde geregelt werden, dass Empfehlungen von Influencern, die ausschließlich an Dritte gerichtet sind und ohne Gegenleistung erfolgten, keine kennzeichnungspflichtige kommerzielle Kommunikation darstellen.
Für den hier vorliegenden Fall hätte dies wohl ein anderes Ergebnis als das obige zur Folge. Die Influencerin müsste demnach ihre Tap Tags nicht als Werbung kennzeichnen.

Gleichwohl ist die Diskussion rund um Instagram und die ordnungsgemäße Kennzeichnung von Beiträgen noch nicht beendet und es wird wohl auch weiterhin Gerichtsurteile zu dem Thema geben.

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