Internationale Zuständigkeit – Abrufbarkeit genügt für Verstoß im Inland

curiaNach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) können Betreiber einer Website, die in Deutschland unter der Top Level Domain .de abrufbar ist, für eine Urheberrechtsverletzung auch im Ausland verantwortlich gemacht und dort verklagt werden. Sofern die Website auch vom Ausland abrufbar ist, ist eine Haftung möglich.

Deutsche Webseite – Klage im Ausland

Die Klägerin des Ausgangsfalls ist eine österreichische Architekturfotografin, welche auf einer unter „.de-Domain“ eine von ihr hergestellte Fotografie entdeckte. Die abrufbaren Website war sowohl in deutscher Sprache, deren Betreiber in Deutschland ansässig.
Die Klägerin verklagte den deutschen Website-Betreiber vor dem Handelsgericht in Wien auf Schadensersatz, weil die Fotos ohne ihre Zustimmung auf deren Website zum Download bereit gehalten wurde. Darauf wendete das Unternehmen ein, das ausländische Gericht sei nicht zuständig, da die Website nicht auf Österreich ausgerichtet sei. Das Verfahren setzte das Wiener Gericht aus und bat den EuGH zur Zuständigkeit Stellung zu nehmen.

EuGH: Abrufbarkeit reicht

Der EuGH bejaht in seinem Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 – Hejduk –, die Zuständigkeit des Wiener Handelsgerichts nach Art. 5 Nr. 3 VO (EG) Nr. 44/2001. Die Vorschrift des Art. 5 Nr. 3 VO (EG) Nr. 44/2001 knüpft die Zuständigkeit an den Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.

Der EuGH stellt unter Berufung auf ein älteres Urteil vom 03.10.2013 – C-170/12 – Pinckney – klar, dass damit zum einen der Ort gemeint ist, an dem sich der Schaden verwirklicht (Erfolgsort) und zum anderen aber auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (Tatort).

Erfolgsort entscheidet

Als Erfolgsort wäre das Gericht in Österreich, als sog. Tatort ein deutsches Gericht zuständig. Zwischen beiden bestehe ein Wahlrecht, so dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu Recht das Wiener Gericht in Anspruch nehmen durfte. Voraussetzung sei aber, dass die Urheberrechte vom EU-Mitgliedstaat des Ausgangsgerichts gegen Verletzungen in gleicher Weise geschützt werden, was bei Lichtbildern in Österreich der Fall sei. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Website mit der urheberrechtswidrigen Veröffentlichung des Fotos auf Österreich „ausgerichtet“ sei, also sich insbesondere an eine österreichische Zielgruppe wende.

Für die Haftung ausreichend ist, ob die Website zumindest auch dort abrufbar, also zugänglich ist. Allerdings ist in einem solchen Fall der Umfang des zu ersetzenden Schadens auf den Schaden begrenzt, der in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat entstanden ist.

th-KopieRechtsanwalt Hoesmann

Da Webseiten praktisch an jedem Ort innerhalb der EU abrufbar sind und die EU-Mitgliedstaaten bei Urheberrechtsverletzungen ein einheitliches Schutzniveau bieten , ist dies mit einem Haftungsrisiko für jeden Website-Betreiber verbunden.

Dem Einwand, die Website sei wegen der eindeutigen Veröffentlichung unter der „.de-Domain“ nicht auf das Ausland ausgerichtet, hat der EuGH eine klare Absage erteilt.

Schadensersatzklagen im EU-Ausland, wenn urheberrechtswidrige Inhalte auf einer „.de-Website“ veröffentlicht werden, sind daher möglich. Der EuGH hatte im Urteil vom 03.10.2013 – C-170/12 – Pinckney – zur Tatortzuständigkeit bei internationalen Urheberrechtsverletzungen im Internet ähnlich entschieden.

Kritisch zu betrachten ist, dass der EuGH nur auf die Abrufbarkeit und nicht auf weitere haftungsbegründende Kriterien abstellt, wie zum Beispiel Sprache und Inhalte der jeweiligen Website. Dies bedeutet im Ergebnis, dass deutsche Website-Betreiber einfacher Ausland verklagt werden können; auf der anderen Seite können mit dem Urteil leichter Urheberrechtsverletzung auf ausländischen Webseiten auch in Deutschland verfolgt werden. (Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Juliane Panzer)

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