Rechtsansichten als unwahre Behauptung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25. April 2019, I ZR 93/17, entschieden, dass eine Rechtsansicht eine unwahre Tatsachenbehauptung sein kann.

Der Bundesgerichtshof hat in klaren Worten festgestellt, dass Rechtsansichten eine Tatsachenbehauptung sein können. Wenn diese falsch ist, ist diese als falsche Tatsachenbehauptung zu untersagen sind. Damit erteilt der BGH der bisherigen Rechtsprechung eine Absage, dass Rechtsansichten immer eine Meinung sind.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

In der Entscheidung Prämiensparvertrag, Aktenzeichen I ZR 93/17 vom 25. April 2019, haben sich die Karlsruher Richter umfangreich mit der Frage beschäftigt, ob Rechtsansichten auch eine unwahre Tatsachenbehauptung darstellen können. Die Frage wurde im Ergebnis bejaht.

Der Bundesgerichtshof betont, dass Meinungsäußerungen in Bezug auf eine Rechtsansicht, wenn diese im Gewand einer Tatsachenbehauptung daherkommen, irreführend sein können. Es kommt entscheidend darauf an, ob die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, dass es sich (nur) um eine Meinungsäußerung handelt. Verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die Äußerung einer Rechtsansicht als Feststellung, kommt eine Irreführung in Betracht.

Abzustellen ist hier nach Ansicht des BGH auch auf den Willen des Gesetzgebers. Dieser ist in Art. 6 I UPG-Richtlinie zum Ausdruck gekommen. Hier hat der Gesetzgeber geregelt, dass eine Meinungsäußerung, welche zur Täuschung geeignet ist, ebenfalls untersagt werden können.

Dieses Irreführung ist insbesondere dann gegeben, wenn der Eindruck vermittelt wird, über die geäußerte Rechtsansicht könne vernünftigerweise nicht gestritten werden. Auch wenn der BGH-Fall dem Grundsatz nach sich auf das Wettbewerbsrecht bezog, hat er gleichwohl auch Auswirkungen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Äußerungsrecht.

Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung

Bislang galt der Grundsatz, dass Rechtsansichten, egal wie krude und falsch diese sind, als Meinungsäußerung zu werten sind und es damit unerheblich ist, ob die Rechtsansicht wahr oder falsch ist. Denn im Meinunsgaußerungsrecht gibt es keine wahre oder falsche Meinung.

Der Bundesgerichtshof ändert dies dahingehend, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Rechtsansicht als unwahre Tatsachenbehauptung gewertet und untersagt werden kann.

Insbesondere dann, wenn für den Leser nicht deutlich wird, dass es sich hier „nur“ um eine Rechtsansicht handelt, kann dies als unwahre Tatsachenbehauptung gewertet werden.

Einschätzung Rechtsanwalt Hoesmann

HoesmannDas Urteil des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen. Für Leser wird häufig nicht deutlich, dass es sich bei der juristischen Beurteilung eines Sachverhalts um eine Meinung handeln soll.

Vielmehr glauben unbedarfte Leser, wenn sie hören, dass etwa strafbar sein soll, oder dass bestimmte Fristen gelten, dass dies eine juristisch feststehende Tatsache ist. Für die Betroffenen kann dies durchaus nachteilige Folgen haben. Aus diesem Grund ist es gut, dass der Bundesgerichtshof an diesem Punkt die Meinungsfreiheit aufgeweicht und gerade bei irreführenden Rechtsansichten auch eine unwahre Tatsachenbehauptung bejaht.

Das Urteil bezieht sich zunächst auf das Wettbewerbsrecht. Aus meiner Sicht hat es aber, gerade aufgrund der überzeugenden Begründung des Bundesgerichtshofes auch Auswirkungen auf das Äußerungsrecht. Hier wird abzuwarten sein, wie die nachgeordneten Gerichte die Entscheidung einordnen werden.

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