2 Euro Schadensersatz für Filesharing eines Films

AbmahnungSeit der BGH-Entscheidung bezüglich des Filesharings hat sich eine gewisse Verunsicherung breit gemacht. Insbesondere Kanzleien, die Rechteinhaber vertreten, versuchen nunmehr, gestützt auf die Entscheidung, hohe Schadensersatzforderungen geltend zu machen.

Dass die vom BGH akzeptierten 200 Euro pro Musiktitel nicht der Regelfall sein müssen, zeigt jetzt ein Urteil des AG Stuttgart – Bad Cannstatt. Das Gericht hat nicht nur die Klage des Rechteinhabers abgewiesen, sondern zugleich auch klargestellt, dass im Erfolgsfall dieser nur einen Anspruch auf einen Schadensersatz in Höhe von 2,04 Euro gehabt hätte (AG Stuttgart – Bad Cannstatt, Urt. V. 13.08.2015, Az.: 8 C 1023/15).

Klage wegen Filesharing in einer Tauschbörse

Der vom Gericht zu entscheidende Fall war ziemlich klar: Über den Internetanschluss des Beklagten wurde ein Film in einer Tauschbörse zum Download angeboten. Daraufhin wurde dieser als Anschlussinhaber vom Rechteinhaber des Films abgemahnt. Da der Beklagte den geforderten Schadensersatz in Höhe von ca. 1.100 Euro nicht zahlen wollte, erhob der Rechteinhaber eine entsprechende Klage.

Keine Haftung für volljährige Familienangehörige oder Freunde

Im Verfahren machte der Beklagte geltend, dass neben ihm auch sein Bruder, sein Cousin und teilweise über Nacht bleibende Freunde den Internetanschluss nutzten.
Somit konnte nicht ausgeschlossen werden, dass andere Personen als der Beklagte den Film in die Tauschbörse hochgeladen hatten. Die tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung begangen hat, war somit widerlegt. Der Rechteinhaber konnte auch nicht nachweisen, dass der Beklagte den Film in die Tauschbörse hochgeladen hat, so dass der Beklagte nicht als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kam.
Zudem verneinte das Gericht auch eine Störerhaftung des Beklagten. Dieser war nicht verpflichtet, die volljährigen Familienangehörigen und Freunde über die Rechtswidrigkeit der Benutzung von Tauschbörsen zu belehren oder ihnen gar die Nutzung solcher Tauschbörsen zu verbieten, da keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bekannt waren.
Der Rechteinhaber hatte daher in diesem Fall keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Bundesgerichtshof bestätigte nur Schadensberechnung des OLG Köln

Interessant ist aber, dass das Gericht trotz der Versagung des Schadensersatzanspruchs noch auf die Höhe eines eventuellen Schadensersatzes eingegangen ist. Grundsätzlich wird bei Urheberrechtsverletzungen der Schadensersatz danach bestimmt, was der Rechteinhaber als übliche vertragliche Vergütung oder als branchenüblichen Vergütungssatz gefordert hätte.

Der Stuttgarter Richter nimmt dabei Bezug auf die diesjährige BGH–Entscheidung und weist darauf hin, dass dieser nur die Schadensschätzung des OLG Kölns bestätigt hatte.

Das OLG Köln hat sich bei seiner Schadensschätzung an den verkehrsüblichen Entgeltsätzen für legale Downloadangebote vom Musikaufnahmen im Internet orientiert und war dabei von einem Betrag in Höhe von 0,50 Euro pro Abruf ausgegangen.

Anteil der Weiterverbreitung des Werkes entscheidend

Da die Kölner Richter annahmen, dass mindestens 400 Abrufe durch Tauschbörsenteilnehmer erfolgten, kam es zu einem Schadensersatz in Höhe von 200 Euro.

Das Stuttgarter Gericht dagegen geht nach einer technisch basierten Begründung davon aus, dass während des Downloads eines Filmwerkes aus einer Tauschbörse gleichzeitig lediglich rund 13 Prozent des Werkes durch das Hochladen weiterverbreitet werden.

Dieser prozentuale Anteil ergibt sich vor allem daraus, dass Dateien regelmäßig nur mit 10 Prozent der Downloadgeschwindigkeit über die Internetverbindung hochgeladen werden.
Ausgehend von diesem prozentualen Wert nahm das Gericht bei einem Ladenpreis von 14,99 Euro an, dass der Anspruch auf Schadensersatz nur in Höhe von 2,04 Euro bestehen würde. (Aufsatz in Zusammenarbeit mit Daniel Klukas)

Vorgehen gegen Schadensersatzforderung weiterhin ratsam

Auch wenn es sich hierbei “nur” um ein Urteil eines Amtsgerichts handelt, gibt es gute Gründe, der pauschalen Annahme von 200 Euro pro Musiktitel – wie es nach der BGH Entscheidung teilweise verbreitet wurde – nicht zu folgen. Das Urteil überrascht insbesondere wegen des technischen Hintergundwissens des Gerichts. Allerdings wird man nicht immer auf solch technisch versierte Richter treffen. Es lohnt sich dennoch weiterhin, in vielen Fällen des Filesharings gegen die Schadensersatzforderungen der Rechteinhaber vorzugehen, da diese häufig überhöht sind.

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