Im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren ist es wichtig, dass der Antragsteller auch eine etwaige Antwort der Gegenseite vorlegt. Wird diese Antwort bewusst nicht vorgelegt, kann der Antrag im Nachhinein als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen werden, wie das Bundesverfassungsgericht jetzt in einem Fall entschied.
Nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht kommt es darauf an, dass es sich um eine planmäßig gezielte Gehörsvereitelung handeln muss. Es müssen also gezielt und bewusst Unterlagen dem Gericht vorenthalten werden. (BVerfG Beschluss vom 03.12.2020, Az.1 BvR 2575/20)
Antwortschreiben nicht vorgelegt
In dem Verfahren vor dem Verfassungsgericht ging es um die Frage, ob es rechtsmissbräuchlich ist, ein Antwortschreiben der Gegenseite nicht im Rahmen eines gerichtlichen Prozesses vorzulegen. Die Frage wurde von den obersten Verfassungsrichtern grundsätzlich bejaht. Die prozessuale Wahrheitspflicht verpflichtet den Antragsteller, eine vollständige Erklärung über die tatsächlichen Umstände vorzulegen. Dazu gehört auch eine etwaige Antwort Gegenseite. Wird ein Antwortschreiben nicht vorgelegt, werden die prozessualen Äußerungsmöglichkeiten der Gegenseite nicht hinreichend gewahrt. Dies ist ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch.
Umstände des Einzelfalls
Nicht jedes verschwiegene Dokument führt gleich zu einer Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrags. Die obersten Richter aus Karlsruhe führen im Rahmen ihrer Begründung aus, dass das verschwiegene Dokument zunächst ein Indiz ist und es sich im Ergebnis aber um eine planmäßig gezielte Gehörsvereitelung handeln muss. Das bedeutet, hier kommt es tatsächlich auf die Umstände des Einzelfalls an, ob ganz bewusst ein Dokument unterschlagen worden ist oder nicht. Der Nachweis, dass ein Dokument bewusst unterschlagen worden ist, ist hier seitens desjenigen zu führen, der sich auf den möglichen Rechtsmissbrauch beruft.
Rechtsanwalt Hoesmann
Rechtsanwälte sind verpflichtet, wahrheitsgemäß vorzutragen. Dies bedeutet, dass, insbesondere im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, sämtliche Unterlagen dem Gericht vorgelegt werden müssen. Werden bewusst Unterlagen unterschlagen, kann dies rechtsmissbräuchlich sein. Entscheidend ist aber, dass dem Gericht bewusst Unterlagen vorenthalten werden müssen. Ist zum Beispiel ein Schreiben schlicht nicht angekommen, kann nicht gleich auf einen Rechtsmissbrauch geschlossen werden.