Dürfen Abmahnungen publiziert werden?

Jeder der eine Abmahnung erhalten hat, regt sich über diese auf und empfindet diesem Zweifel auch als großes Unrecht. Dieses Unrecht möchte er mit anderen teilen. Es stellt sich allerdings juristisch die Frage, ob eine Abmahnung bzw. deren Inhalt überhaupt publiziert worden darf.

Die Frage ist, ob ein anwaltlicher Schriftsatz von den Betroffenen publiziert werden darf. Ein ganz konkreter Fall spielte sich in der Öffentlichkeit ab. Dieser gipfelte sogar in Morddrohungen gegen den Rechtsanwalt, dessen Kanzlei die Abmahnung aussprach.

Abmahnung AfD Fraktion

Der Bundestagsabgeordnete Michael Roth wurde von der Kanzlei Höcker wegen einer Äußerung abgemahnt. Die Abmahnung wurde im Auftrag der AfD Fraktion ausgesprochen. Dieses nahm der Betroffene zum Anlass, die Abmahnung in Teilen auf Twitter zu publizieren. Aufgrund dieser Publikation entbrannte eine Diskussion im Netz, welche in Morddrohungen gegen den Anwalt Ralf Höcker gipfelte. Die AfD Fraktion nahm daher aus Fürsorgepflicht gegenüber ihrem Anwalt die Abmahnung zurück.

Mehr zu den Hintergründen finden Sie unserem Magazin Presserecht-Aktuell:

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Publikation nicht immer erlaubt

Die Frage wird von Gerichten unterschiedlich beurteilt. Aus meiner Sicht stellt die Publikation dieses Schriftsatzes unter Nennung des Namens der Kanzlei ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.

Verstoß gegen das Zitatrecht

Zunächst wurde durch die Publikation des Fotos automatisch der Text mit publiziert. Der Text zwei war war so kurz, dass noch kein urheberrechtlicher Schutz gegeben war. Doch die Veröffentlichung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz kann ein Verstoß des in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankertes Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung des Selbstbestimmungsrechts sein, in bestimmtem Umfang darüber zu entscheiden, ob und wie die eigene Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellungen benutzt wird.

Denn jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Daher steht grundsätzlich allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form eine sprachliche Gedankenfestlegung seiner Person der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll (vgl. BGH NJW 1954, 1404; BVerfG NJW 1980, 2070).

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Die Textberichterstattung kann einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen, wenn damit unzulässig in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Rechtsanwalts eingegriffen wird.

Das gilt auch, wenn die angegriffene Berichterstattung nur die Sozialsphäre, sprich die berufliche Sphäre betrifft. Dazu zählen Äußerungen, die von anderen ohne weiteres wahrgenommen werden können, ohne dass der Betroffene sich jedoch der Öffentlichkeit bewusst zukehrt. Dies allein rechtfertigt die Berichterstattung jedoch nicht, da auch in diesem Bereich dem Einzelnen grundsätzlich die Bestimmung darüber vorbehalten bleibt, welcher Öffentlichkeit er personal vorgestellt wird (BVerfG NJW 1973, 1226 – Lebach).

Der Lebens- und Entfaltungsraum der Persönlichkeit wäre übermäßig eingeengt, wenn sie mit der steten Gefahr konfrontiert wäre, einer breiteren Öffentlichkeit ausgesetzt zu werden als jener, die sie im sozialen Kontakt gesucht hat.

Es stellt eine Einschränkung für die Arbeit als Rechtsanwalt dar, wenn dieser bei jedem Schriftsatz die Befürchtung hat, dass der Brief einer breiten Öffentlichkeit bekannt gegeben wird. Zu dem Recht als Rechtsanwalt gehört auch das Recht, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen bzw. in bestimmtem Umfang selbst darüber zu entscheiden, ob und wie die Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellung benutzt wird (so auch Kammergericht, Beschluss vom 13. Januar 2009, 9 W 178/08).

Berichterstattung über Abmahnungen

Die Berichterstattung über Abmahnungen in der Sache selber sind zulässig. Sprich der Betroffene darf selbstständig darüber berichten, dass er abgemahnt wurde. Sobald der Name des Gegners bzw.der Name des bearbeiteten Rechtsanwalts genannt wird, kann dies ein Eingriff in das Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sein.
Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Genannten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits.

Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht.

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