Wenn nach einer Abmahnung wegen einer Bildrechtsverletzung eine Unterlassungserklärung abgegeben wird, ist unbedingt zu prüfen, ob das Bild tatsächlich dauerhaft gelöscht worden ist, insbesondere auch vom Server gelöscht wurde. Bislang stellte es ein Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung dar, wenn nach Abgabe einer Unterlassungserklärung das Bild weiterhin auf dem Server zum Abruf bereit steht. Das OLG Frankfurt hat nun entschieden, dass nicht jedes vergessene Foto auf dem Server, gleich einen Verstoß gegen eine Unterlassungsklage bedeutet.
Entscheidung OLG Frankfurt
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat jetzt entschieden, dass kein Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung vorliegt, wenn das Bild nur noch unter einer kryptischen URL mit 70 Zeichen abrufbar ist. (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.6.2020 – 11 U 46/19) Die Frankfurter Richter weichen mit ihrer Rechtsprechung von der bislang herrschenden Meinung ab, dass auch ein Bild auf einen Server bereits einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung begründet.
Begründung
Die Richter vom Rhein haben einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung verneint. Nach Auffassung der Frankfurter Robenträger ist der Unterlassungsvertrag dahingehend zu verstehen, dass die Parteien den Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung in der Unterlassungserklärung so verstehen, wie er im § 19a UrhG geregelt ist.
Bei der Auslegung des § 19a UrhG berücksichtigen die Frankfurter Richter insbesondere die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH), der eine öffentliche Zugänglichmachung als Unterfall der öffentlichen Wiedergabe i. S. v. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL kumulativ eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit der Wiedergabe voraussetzt
Ebenso betonen die Richter, im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, dass das Merkmal der Öffentlichkeit nur dann erfüllt ist, wenn sich die Wiedergabe an eine unbestimmte Zahl möglich Adressaten richtet und es sich dabei um »recht viele Personen« im Sinne einer über eine allzu kleine oder gar unbedeutende Mehrzahl hinausgehende Mindestschwelle handelt
Das Merkmal der Öffentlichkeit ist nach Ansicht der obersten Frankfurter Richter nicht erfüllt, wenn ein Foto nur durch Eingabe eine ca. 70-stelligen URL abrufbar ist. Vielmehr ist dieses Foto nur für diejenigen Personen zugänglich, welche die URL vorher aufgezeichnet hat. Dies widerspreche der Annahme, dass neben dem Kläger recht viele weitere Person von der URL und somit dem Foto Kenntnis gehabt haben.
Rechtsanwalt Hoesmann
Unterlassungserklärungen sind immer ernst zu nehmen natürlich haben Schuldner darauf zu achten, dass auch Bilder vom Server gelöscht werden. Jedoch stellt nicht jedes vergessene Bild gleich einen Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung dar. Vielmehr ist hier, im Einklang mit der Rechtsprechung des OLG Frankfurt, richtigerweise darauf abzustellen, ob tatsächlich eine Öffentlichkeit gegeben ist. Nicht jedes „vergessene“ Foto führt daher gleich seine Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung. Vielmehr ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen und insbesondere auch darauf, ob das Foto über Suchmaschinen oder eine leichte URL für eine Vielzahl von Personen aufgefunden werden kann.